Wenn die eigenen Eltern alt werden

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Wenn Eltern alt werden

„Mensch Mutsch, das habe ich Dir doch schon so oft erklärt“, stöhne ich am Telefon. Am anderen Ende der Telefonleitung murmelt meine Mama „ist ja gar nicht wahr“. Es gibt Dinge, die können sich meine Eltern partout nicht mehr merken. Klar, beide sind Ü60, mein Dad sogar schon über 70 Jahre alt. Und doch erkläre ich – was für viele „Best Ager“ inzwischen kein Problem mehr ist – immer wieder. Egal ob es der PC, das Handy oder auch der Fernseher ist. Fragen dazu kommen immer wieder. Nicht einmal, sondern mehrmals. Aber nicht nur daran merke ich, dass meine Eltern alt werden.

Eltern-älter werden-Eigenheiten des Alters

Wenn die eigenen Eltern alt werden

Neben den vielen, ständigen Erklärungen und Wiederholungen, haben die beiden inzwischen die ein oder andere Eigenart, an die ich mich selbst schwer gewöhnen kann.

Genau genommen sind es eher Ängste, die meine Eltern hier an den Tag legen. Meist bei oder vor Dingen, die früher und auch vor nicht allzu langer Zeit selbstverständlich waren. Auch die Erwartungen an uns Kinder werden größer und das geben sie uns deutlich zu verstehen. Nicht immer möchte oder kann ich diese erfüllen.

Oft reagiere ich dann verärgert, wenn ich Eigenarten an meinen Eltern entdecke, die mir eigentlich eher Sorgen machen sollten. Denn ich kann einfach nicht mehr leugnen, dass sie wirklich alt werden. Oder ich will es einfach nicht wahrhaben.

Und irgendwie schäme ich mich ja auch (für den ein oder anderen kleinen Wutausbruch), wenn ich mir überlege, mit welcher Geduld mir meine Eltern in der Schulzeit alles beigebracht haben. Immer und immer wieder erklärte mein Papa etwas, wenn es um mein verhasstes Fach Rechnungswesen ging. Immer mit der Ruhe und das wesentlich öfter als dreimal. Oder wie oft war meine Mama – auch als ich bereits erwachsen war – für mich da, wenn ich Sorgen oder Fragen hatte.

Kennt Ihr dieses Gefühls-Wirrwarr gegenüber Euren Eltern? Dieses sich Sorgen machen, genervt oder gar belustigt sein. Ich glaube, sie haben sich genauso gefühlt, als mein Bruder oder ich noch Kinder waren.

Diesen Rollentausch gibt es früher oder später in jeder Familie. Denn unsere Eltern werden nun mal alt. Und auf einmal brauchen sie unsere Hilfe. Wir dagegen die elterliche Hilfe immer weniger.

Für uns sind und waren unsere Eltern schon immer der „Fels in der Brandung“. Sie sind es, die uns großgezogen haben, wir haben jede Hilfe von Ihnen erhalten, Schwächen haben sie nie gezeigt. Jetzt wird es nach und nach eben anders.

Eltern-älter werden-Eigenheiten des Alters

Und auf einmal ist alles anders.

Heute sind die Eltern-Kind-Beziehungen enger wie nie. Sie sind emotionaler und weniger autoritär geworden, wie die Familienstudie „pairfam“ herausgefunden hat. Familien sind mehr verbunden.

Bei uns ist das ganz genauso. Wenn ich mir die Erzählungen von früher anhöre, bin ich froh, erst in den 70gern geboren zu sein.

Unsere gemeinsame Zeit läuft ab

Irgendwie ist es auch schwer zu akzeptieren, dass meine Eltern den längsten Teil meines Lebens schon mit mir/mit uns gegangen sind. Sie sind schon länger in meinem Leben, als das wir noch gemeinsam miteinander haben werden.

Und daran möchte ich noch gar nicht denken. Was wohl einmal sein wird, wenn sie plötzlich nicht mehr da sind.

Unsere gemeinsame Zeit läuft ab und diese möchte ich zukünftig nicht mehr mit Wutausbrüchen oder mich Ärgern verbringen.

16 comments

  1. Sabienes 16 Oktober, 2019 at 20:37 Reply

    Ja, dass ist so ein Problem. Am schwierigsten fand ich diese “Übergangszeit”, in der die Eltern zwar schon alt gewesen sind, aber noch irgendwie nicht alt genug. Da war es auch schon schwierig, sie von irgendwelchen Dummheiten abzuhalten. Ich denke da so an Enkeltrick, Polizeitrick, Verkäufer von billigen Lederjacken oder gewisse Versicherungsvertreter. Da gab es eine gewisse Beratungsreisistenz. Technische Dinge, wie Computer, Handy und so weiter habe ich gar nicht probiert. Dafür war diese Technik noch zu neu.
    Jetzt bin ich auch schon 60 und höre meine Kinder schon sagen “Ach Mama! Wie kannst du nur?!”
    Die kriegen dann aber was zu hören! 😉
    LG
    Sabienes

    • Storfine 21 Oktober, 2019 at 10:08 Reply

      Oh ja, die Beratungsresistenz. Die ist auch ganz schlimm.
      Und sie erkennen die Tragweite gewisser Entscheidungen nicht mehr, weil sie sich vielleicht auch noch viel jünger vorkommen.
      Leider führte das gerade letzter Woche zu einem großen gesundheitlichen Problem bei Dad und wir mussten uns richtig Sorgen machen.
      Und ich kann dich da gut “hören”. Meine Mama erzählt mir auch immer was, wenn ich mal wieder vorsichtig einwende, dass das jetzt nicht so gut ist, was sie macht.
      Ganz liebe Grüße an Dich

  2. Manja 18 Oktober, 2019 at 07:59 Reply

    Danke für diesen Artikel, der wirklich zum Nachdenken anregt. Wir werden alle älter, selbst merkt man das an den plötzlich großen Kindern, zu denen man auf einmal aufschauen anstatt auf Augenhöhe zu reden oder wie noch kurz zuvor, dass man in die Knie gehen musste, damit Gespräche auf Augenhöhe stattfinden.

    Geduld ist hierbei gefragt, egal ob bei der Kindererziehung oder später, wenn die Eltern älter sind und mit den ganzen Neuheiten nicht mehr so schnell oder gut klar kommen. Oft muss man sich da nur selber dran erinnern, wenn ich meine Kinder sehe, gehen die mit Technik wesentlich suveräner um als ich, dabei fühle ich mich jedoch nicht alt. Was soll da nur Oma sagen?

    Ja, wir leben in einer schnellen Zeit und gerade da ist das Miteinander wichtig. Mein Papa geht schon lang den Weg nicht mehr mit mir, meine Mam hoffe ich begleitet mich noch lang und Oma ist schon stolze 92 Jahre. Leider bin ich vor fast 30 Jahren weg gezogen und habe daher wenig persönlichen Kontakt. Daher bin ich froh über die Technik, die es ermöglicht mal schnell “Hallo” zu sagen, wobei das Persönliche ersetzt es nicht.

    Danke für diesen Artikel, ab und an muss man mal geerdet werden und bleib geduldig. 🙂
    LG Manja

    • Storfine 21 Oktober, 2019 at 10:19 Reply

      Liebe Manja,
      vielen, vielen lieben Dank für Deinen Kommentar.
      Dei Vergleich mit dem nach oben schauen oder auch nach unten blicken ist einfach nur Toll.
      Das merke ich jetzt schon so an meinem Sohn. Und gerade gestern hat er auch bei einer Frage von mir gestöhnt. Da hab ich gewusst, dass es wohl in Zukunft
      auch mich trifft und ich vielleicht nicht mehr so schnell bin.

      Die Zeit vergeht mir einfach viel zu schnell. Vor allem dieses Jahr ist für mich verflogen. Und vielleicht merke ich manche Angewohnheiten meiner Eltern dadurch auch nochmal einen Tick mehr.

      Anhalten kann man den Lauf den Lebens nicht. Aber man kann ihn genießen. Und Geduld dabei lernen.
      Liebe Grüße an Dich

  3. Sirit 18 Oktober, 2019 at 09:57 Reply

    Hallo! Bei dem Thema bin ich absolut bei Dir. Ich bin normal kein Mensch, der der Vergangenheit hinterher hängt .. ich lebe eher in der Gegenwart, auch durch meine Kinder. Aber wenn es zum Thema Eltern kommt, dann ist das anders! Mal schauen, wie wir damit umgehen! Danke Dir! Lieben Gruß! Sirit

    • Storfine 21 Oktober, 2019 at 10:13 Reply

      Danke für Deinen lieben Kommentar1
      Ich bin auch ein Gegenwartsmensch. Vielleicht macht mich das auch immer so “schimpfig”.
      Dann muss mich mich erinnern, was einmal war und dann wirds besser.
      Ich bin gespannt, wie Ihr das managt.
      Liebe Grüße an Dich

  4. Dr. Annette Pitzer 18 Oktober, 2019 at 10:23 Reply

    Für viele eine erschreckende Erkenntnis, dass die Eltern alt werden und sterblich sind. Es macht uns unsere eigene Endlichkeit bewusst. Genieß einfach jeden Tag den Du mir ihnen hast, mehr können wir sowieso nicht tun.
    Alles Liebe
    Annette

    • Storfine 21 Oktober, 2019 at 10:04 Reply

      Das mache ich liebe Annette!
      Irgendwie vergeht die Zeit so unglaublich schnell. Irgendwie viel zu schnell für mich.
      Alles Liebe für Dich

  5. Renate 18 Oktober, 2019 at 11:55 Reply

    Wie schön, dass Du so optimistisch an dieses Thema rangehst, das einen wirklich viele Nerven kosten kann. Bei mir jedenfalls war es so. Bleib so positiv, denn das hilft wirklich sehr, wie ich aus eigener Erfahrung weiß…
    Alles Gute, Renate von http://www.trippics.de

    • Storfine 21 Oktober, 2019 at 10:03 Reply

      Danke liebe Renate! Ich bin generell ein sehr positiver Mensch.
      Dennoch schimpfe ich oft viel zu schnell. Da versuche ich mich auf jeden Fall noch mehr zu bessern.
      Alles Liebe

  6. Miriam 18 Oktober, 2019 at 16:53 Reply

    Schöne Gedanken, die du dir da gemacht hast. Ich finde es total unheimlich daran zu denken, dass meine Mama auch schon mehr als die Hälfte ihres Lebens verbracht hat. Ich kann mir nicht vorstellen, wie es ohne sie ist. Ich hoffe, sie bleibt mir noch ganz lange erhalten. Mein Ersatz-Opa hat gestern seinen 90. Geburtstag gefeiert, bis vor wenigen Jahren war er noch richtig fit, inklusive mehrmaligen Tanzabenden pro Woche und Kajakfahren im Urlaub 😉

    • Storfine 21 Oktober, 2019 at 10:16 Reply

      Oh wie schön, dass Dein Ersatz-Opa noch so fit ist.
      Meine Oma ist 88. Die ist auch fitter als ihr Sohn, der ja mein Papa ist.
      Manchmal ist das so unterschiedlich. Mal sollte sich einfach über jeden Tag freuen, den man
      mit seinen Lieben hat.
      Herzliche Grüße an Dich

  7. Britta 4 Dezember, 2019 at 12:23 Reply

    Oh ja, ein schwieriges Thema, um das man früher oder später leider nicht herum kommt. Ich nehme mir vor, meine Eltern dann mit viel Liebe und Gelassenheit zu behandeln. Vorbild ist mein Vater, der seine Mutter, die an Denenz erkrankte unheimlich liebevoll behandelt hat, auch wenn sie aufgrund der Krankheit oft unfreundlich zu ihm war…

    • Storfine 4 Dezember, 2019 at 12:29 Reply

      Ich nehme mir das natürlich auch vor. Manchmal klappt es leider nicht so einfach. Aber ich geb mein Bestes.
      Du hast einen tollen Papa!
      Alles Liebe

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