Lipödem-Operation: Einkommenssteuer-Durchführungsverordnung schreibt Besuch beim Amtsarzt vor
Oft hört man ja, dass man Kosten, die in Zusammenhang mit einer Krankheit anfallen, beim Finanzamt geltend machen kann. Leider geht das nicht immer ganz so leicht wie gedacht und es muss Einiges beachten. Generell können hier auch keine pauschalen Antworten gegeben werden. Ob, wann und wieviel man „absetzen“ kann liegt am eigenen Einkommen und vielen weiteren persönlichen Gegebenheiten. Wenn es darum geht, Kosten für eine Liposuktion abzusetzen kann die sog. Einkommenssteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) eine große Rolle spielen.
Die meisten Krankenkassen übernehmen eine Liposuktion nicht. Wenn Ihr aber dennoch die Möglichkeit habt, die Kosten selbst zu übernehmen, dann ist es doch schön, im besten Fall einen kleinen Prozentsatz bei der Steuererklärung geltend machen zu können.
Ein Besuch beim Amtsarzt kann Geld sparen
Damit diese außergewöhnlichen Belastungen auch anerkannt werden, regelt die EStDV in §64 einen Besuch beim Amtsarzt.
Auf gut Deutsch: geht Ihr vor Eurer Operation nicht zum Amtsarzt, muss das Finanzamt Eure außergewöhnlichen Belastungen nicht anerkennen.
Der Amtsarzt begutachtet Euch dann und wenn er die Notwendigkeit anerkennt, dann erhaltet Ihr eine dementsprechende, schriftliche Mitteilung zur Vorlage beim Finanzamt. Im besten Fall steht dann in dem Gutachten Folgendes: „Die Durchführung der Operationen ist medizinisch gerechtfertigt. Es handelt sich hierbei um einen nicht kosmetischen Eingriff. Die Kosten stellen für die Patientin eine erhebliche, außergewöhnliche Belastung dar.“
Mit solch einem Schreiben ist es nicht mehr schwer, zumindest einen kleinen Teil beim Finanzamt geltend zu machen. Im übrigen zählt dann wirklich alles dazu. Auch gefahrene Kilometer/Anreise zu den OP-Terminen oder auch zur Lymphdrainage.
Wie, wo, was und wie war es bei Dir?
Den Amtsarzt erreicht man in der Regel im Gesundheitsamt, dass für Euren Landkreis zuständig ist. Bei uns ist es dem Landratsamt Mühldorf angegliedert.
Da es eine Behörde ist, mag der Ablauf vielleicht ein wenig kompliziert sein. Ich kann Euch hier nur schildern, wie es bei mir gelaufen ist:
Eigentlich dachte ich, ein Anruf bzgl. Termins ist ausreichend. War es aber nicht. Ich musste eine schriftliche Anfrage mit Wunsch und Begründung an das Gesundheitsamt schicken. Danach musste ich nach und nach viele Arztberichte und Atteste einreichen.
Sinnvoll ist es auf jeden Fall, die Arztberichte über die Lipödem-Diagnose mitzuschicken und im besten Fall ein Gutachten von der Klinik, in der Ihr Euch operieren lassen wollt. Bei mir wurde dann noch Atteste von der Internistin, dem Hautarzt usw. angefordert. Im Großen und Ganzen: einfach alles, was man der Krankenkasse bei einem Antrag auf Liposuktion auch senden würde.
Einen Termin habe ich dann innerhalb 14 Tagen erhalten und war wirklich aufgeregt. Zum Glück war meine Amtsärztin wirklich toll und hat auch gleich gesagt, dass sie mich versteht, man meine Probleme gleich erkennt und mir das gewünschte Schreiben anfertigt.
Dieses dauerte dann nochmals rund 14 Tage. Bezahlt habe ich dafür 18,00 Euro an Gebühren. Ich nehme an, dass die Kosten sich nach Bundesland unterscheiden. Bayern verlangt hier wohl nicht mehr.
Ich habe schon von Summen über 100,00 Euro gelesen. Ehrlich gesagt kann ich mir das nur vorstellen, wenn es um richtige Gutachten für die Krankenkasse geht, nicht aber für das Anschreiben für das Finanzamt.
Geltend machen – auch ohne Bestätigung einen Versuch wert
Was aber, wenn der Amtsarzt eine Liposuktion für nicht gerechtfertigt hält und keine Bestätigung fürs Finanzamt ausstellt? Oder Ihr nicht gewusst habt, dass es diese Einkommenssteuer-Durchführungsverordnung überhaupt gibt?
Trotzdem einreichen! Unbedingt! Das Finanzamt kann nicht mehr, als diese außergewöhnlichen Belastungen nicht anzuerkennen.
Allerdings hat man mit der Einreichung immerhin eine 50/50-Chance, dass man doch einen Teil der Kosten absetzen kann.
Solltet Ihr noch Fragen dazu haben, dann meldet Euch einfach per E-Mail oder das Kontaktformular.
Wow. Das wusste ich alles gar nicht. Vielen Dank für deinen Beitrag und diese Ausführlichkeit. Ich werde mir den mal in meine Favoriten ablegen.
Liebe Grüße,
Mo
Hallo Mo,
das wissen leider viele nicht und werden dann vor vollendete Tatsachen gestellt. Ich bin froh, dass mich mein Steuerberater darauf aufmerksam gemacht hat.
Viele Grüße!
Ich sehe da auch so, auch wenn der Amtsarzt nein sagt, trotzdem einreichen. Mein Steuerberater sagt auch immer, “einreichen was geht”, denn Nein sagen können sie immer noch.
Alles Liebe,
Julia
https://www.missfinnland.at
Das stimmt. Ein Versuch ist es immer wert.
Allerdings gehts mit Amtsarzt wirklich um einiges einfacher. Und rund um die Operationen hat man sowieso so viel mit sich selbst zu tun.
Liebe Grüße an Dich
Toll, dass du so hilfreiche Tipss gibst. Sicherlich wissen viele Betroffene nicht, dass man die Kosten ggf. geltend machen kann.
Liebe Grüße
Nadine von tantedine.de
Das mache ich gerne liebe Nadine.
Ich hoffe doch, dass es möglichst viele Betroffenen erfahren. Nicht dass sie dann überrascht sind, wenn das Finanzamt doch nichts als außergewöhnliche Belastung anerkennt.
Alles Liebe Dir
Sandra
Das ist ja was. Das wusste ich auch alles nicht. Wahnsinn was für ein Aufwand.
Liebe Grüße
Anja von https://pinkshape.de
Oh ja liebe Anja,
der Aufwand an Arztbesuchen und schriftlichem Hickhack möchte man gar nicht glauben.
Liebe Grüße an Dich
Sandra
da muss ich dir mal ein riesen Kompliment machen!!! obwohl ich ja im medizinischen Bereich zuhause bin und auch viele Jahre dort gearbeitet habe, wusste ich diese Facts noch nicht! …vermutlich weil ich auch nie mit dem Thema selber zu tun hatte! aber sehr wichtig zu wissen für Betroffene 🙂
liebste Grüße auch,
❤ Tina von liebewasist.com
Liebe was ist auf Instagram
Liebe Tina,
ich kenne keinen Arzt, bis auf meinen Lipödem-Operateur, der das wusste. Gerade mit dem steuerrechtlichen Zeug haben glaube ich auch medizinische Einrichtungen zu kämpfen.
Und falls Du jetzt jemanden Betroffenen kennst, der über eine OP nachdenkt, dann kannst Du ihm das ja auch verraten.
Viele liebe Grüße an Dich
Sandra
Lässt man eine solche OP denn auch mal aus rein kosmetischen Gründen machen? So als Schönheits-OP?
Ein bisschen muss ich jetzt schon mal den Kopf schütteln.
LG Sabienes
Ich glaube, da gehts um das Wort “Liposuktion”. Das Fettabsaugen an sich ist eine der meist durchgeführten Operationen. Jetzt stellt man sich mal vor, jeder würde die Kosten dafür absetzen können. Irgendwie haben die Ämter hier wohl so einen Riegel vorgeschoben. In der Regel ist es nicht schwer, die Bescheinigung vom Amtsarzt zu bekommen. Nur extra aufwendig.
Liebe Grüße zu Dir
Sandra
Aaah sooooo! Wir hatten einmal ein ähnliches Problem mit einer Nasen-OP. Mein Sohn ist ja Spaltenträger. Und da wollte die Krankenkasse erstmal einen Riegel vorgeschoben und uns zum Amtsarzt geschickt. Der hat schon von weitem den Bub gesehen und nur mit dem Kopf geschüttelt, weil ihm der Fall gleich klar gewesen ist. Und seine Unterschrift gesetzt. Mit der Steuer hatten wir dann aber keine Probleme und haben alles bei den außergewöhnlichen absetzen können.
LG Sabienes
Ja, den Fall gibt es auch noch. Dass die Krankenkasse etwas nicht akzeptiert oder glaubt und zum Amtsarzt oder MDK schickt.
Hat man ein Attest von einer dieser Institutionen, gibt es in der Regel auch keine Probleme mehr mit der Steuer.
Aber das ist ja auch schon ein Hammer, dass Ihr bei so einem offensichtlichem Handicap auch schon Probleme mit der KK hattet.
Die Liposuktion wurde von Krankenkasse und MDK abgelehnt. Steht halt nicht im Leistungskatalog. Egal, dass es sich hier um gesundheitliche Aspekte dreht. Um wenigstens noch 30% der Gesamtkosten absetzen zu können, musste diese Bestätigung sein.
Einen schönen Dienstag und liebe Grüße
Sandra
Interessant, ich wusste das nicht! Danke für die Aufklärung, das ist sicher total interessant für Betroffene! Toller Beitrag.
Lieben Gruß,
Bea.
Das hoffe ich doch, dass ich viele Betroffene damit erreichen kann.
Viele Grüße an Dich
Sandra
Ich reiche auch immer alles ein. Ich habe nach meinem Notkaiserschnitt eine plastische OP gebraucht … die Narbe hat sich zusammengezogen und ist verwachsen. Ich war wie abgeschürt. Da musste ich auch zum Amtsarzt und der hat sofort bewilligt. So unangenehm der Termin auch war … er hat sich gelohnt ;-).
Für viele ein hilfreicher Beitrag! Super!
lg
Verena
Hallo Verena,
das freut mich, dass es bei Dir auch so unkompliziert geklappt hat. Schön sind die vielen Termine damit nicht, aber ich sehe es auch nicht ein, hier etwas herzuschenken.
Liebe Grüße an Dich
Sandra
Das sind für Betroffene ganz sicher sehr hilfreiche Tipps. Ich hätte das wirklich gar nicht gewußt, danke für die Aufklärung.
Liebe Grüße
Sigrid
Gerne!
Ich hoffe, ich kann viele Betroffene damit erreichen.
Liebe Grüße
Sandra
Leider hätte ich mir den Weg zum Amtsarzt + Kosten (40,-€!) sparen können. Ich hatte eine sehr unfreundliche “Ärztin” die mich nicht wirklich untersucht hat sondern gleich meinte das Sie von solchen OP´s nichts hält und deshalb auch keine positive Bescheinigung ausstellen wird, ich solle es doch lieber mit Sport versuchen, als ich sie darauf hinwies das ich 3-4 mal wöchentlich im Fitnessstudio trainiere, meinte sie nur dann soll ich halt noch schwimmen gehen das soll ja auch helfen. Als ich sie fragte ob sie meine Atteste und Berichte von den 4 verschiedenen Fachärzten denn nicht gelesen hat die ich mit eingereicht hatte, war sie erst recht unfreundlich und hat mir klar zu verstehen gegeben das ich gegen sie eh keine Chance habe. Auch ein Gespräch mit Ihrer etwas freundlicheren Vorgesetzten brachte nichts, sie lies mir dann nur noch lediglich einen Ausschnitt von einem Urteil vom 18.08.2016 zukommen, wo die Ablehnung mit der Begründung “das wissenschaftliche Belege fehlen würden” begründet war, und meinte das ich daran ja sehen könne, dass es nicht möglich ist eine Befürwortung zu erteilen. Ich hätte nicht gedacht das einem auch die Amtsärzte so viele Steine in den Weg legen, dass die KK nicht zahlen war ja zu erwarten, aber das man diese Kosten dann noch nicht einmal steuerlich geltend machen kann, finde ich schon sehr ungerecht 🙁
Liebe Meli,
mensch, das tut mir leid, dass Du so schlechte Erfahrungen machen musstest.
Und diese Amtsärztin ist ne doofe Kuh. Ganz einfach.
Sie MUSS Dir eigentlich diese Bescheinigung ausstellen. Auch das steht im Einkommenssteuer-Durchführungsgesetz.
Wenn Du es nochmal bei Ihr versuchen willst, dann bekommst Du einen Screenshot von mir, wo das auch ersichtlich ist. Die Vorgesetzte scheint auch keine Ahnung zu haben und das Steuerproblem mit dem Genehmigungsproblem zu verwechseln.
Viele Amtsärzte haben Angst, dass sie belangt werden können, wenn Ihre Atteste bei der Krankenkasse eingereicht werden. Es geht hier aber wirklich nur um die Steuer. Und das können sie auch drüberschreiben bzw. in einem Schlusssatz schreiben, dass die Bescheinigung nicht zur Vorlage bei der Krankenkasse ist.
Wie auch bei Ärzten kennen sich hier nur wenige richtig aus.
Herzliche Grüße an Dich
Sandra
Hallo Sandra, das wäre echt super wenn du mir da was schicken könntest wo das steht. Diskutieren bringt aber nicht viel mit denen, ich habe ihr mehrfach erklärt das sie mir das nur für die Steuer bescheinigen müssen und sie haben mich immer wieder darauf hingewiesen das es sich auch bei der Steuer um eine “medizinisch notwendige OP” handeln muss und das sehen sie hier nicht. Den Satz “wir müssen gar nichts” habe ich mehrfach von Ihnen zu hören bekommen vor allem als ihnen die Argumente ausgegangen sind. Aber vielleicht ist der Sachbearbeiter mein FA dann etwas einsichtiger (habe ja auch einige Atteste von Ärzten), wenn nicht werde ich dann schon noch einmal versuchen beim Amtsarzt was zu erreichen. Vielen Dank schon einmal für deine Mühe 🙂 LG
Ich such es nachher gleich raus und schicke Dir eine Mail an die Adresse, die Du beim Kommentieren hinterlassen hast. Und dann hoffe ich, dass alles klappt.
Drücke Dir feste die Daumen!
Hallo Sandra,
vielen Dank für den tollen Artikel, der hilft mir schon sehr weiter. Dürfte ich dich evtl. ebenfalls um den Screenshot bitten? 🙂 Liebe Grüße, Juli
Hallo liebe Juli,
ich schreib Dir gleich eine eMail.
Herzliche Grüße
Sandra
Hey Sandra, dürfte ich dich ebenfalls um den Screenshot bitten? Das würde mir sehr weiterhelfen. Vielen lieben Dank und bleib gesund. Herzliche Grüße, Sarah
Kommt, liebe Sarah!
Hi Sandra,
I hope it is ok that I write in English. I am currently living and working in Germany and I found your blog while googling about how to request an appointment with the Amtartz (I called the Health Department and they told me to send this request by post. In case you still have a draft of this letter, could you please share it with me? My German is far from being good enough to write a full letter by myself.
I will highly appreciate any help.
Kind regards,
renata
Hi Renata,
thanks for your comment. There is no probem. I´d like to help you as soon as possible.
Tomorror I have a liposuction and at the moment I´m on the was to Düsseldorf.
I´ll contact you as soon as I´m back.
Best wishes
Sandra
hallo, ich war letztens auch beim Amtsarzt um mir einen Termin auszumachen. die Helferin meinte ich muss eine Erläuterung schreiben und erst dann würde ich vllt einen Termin bekommen, wenn der Amtsarzt das für Not wenig hält. was hast du den bei deiner Erläuterung geschrieben? habe angst zu wenig zu schreiben.
LG Sümi
Hallo Sümi,
ich musste gar nichts schreiben. Ich denke, dass ist einfach ein Versuch, dich irgendwie abzuwimmeln. Amtsärzte sind normal verpflichtet, Dich zu untersuchen.
Dafür gibt es ja den Paragraphen, dass sie das so machen müssen. Aber ich würde dann selbiges schreiben, wie im Antrag für die Krankenkasse. Wie sehr es Dich belastet, warum du die OP willst, was du dafür schon gemacht hast.
Ich drücke Dir die Daumen!
Liebe Grüße
Hallo,
Ich habe von all den Sachen nichts gehört. Ich habe Lipödem und hatte vor zwei Wochen meine 1.Liposunktion.Kann ich noch vor den nächsten Liposunktion zu einem Amtsarzt gehen wegen der Steuerabsetzung oder ist alles schon vorbei weil es nicht vor der OP bei einem Amtsarzt war?Bin verzweifelt weil ich das nicht wusste .Hoffe auf eure Hilfe.Danke Sandra
Hallo liebe Sandra,
in der Regel muss man wirklich VOR der ersten Liposuktion den Amtsarzt aufsuchen und sich die Notwendigkeit bestätigen lassen.
Aaaaber: einen Versuch ist es immer wert. Hol dir auf jeden Fall noch etwas von Amtsarzt (dann wird wenigstens die zweite auf jeden Fall anerkannt) und setze dann alles von der Steuer ab. Manchmal klappt das auch ohne
ein Schreiben vom AA. Also auf keinen Fall verzweifeln, sondern einfach probieren.
Viele liebe Grüße
von auch Sandra